Hannes Niederlechner, Altstadt Galerie Hall
Die wenigen Sekunden sind es, in denen man das Gefühl hat, der Wahrheit und dem Sinn der Existenz näher gekommen zu sein, sagt Harald Birklhuber. Und er spricht mir damit aus der Seele. Sind es nicht wenige Minuten und Augenblicke, an denen feinfühlige Menschen, im besonderen Künstler ob nun Maler, Musiker oder Dichter, mit sich und der Welt im reinen sind? Künstler sind Wandernde und Suchende, Zweifelnde und Hoffende. “Die Arbeit ist es”, führt er aus, “die mich weitertreibt. Sie bedeutet für mich Konzentration und Meditation. Ich lasse mich in ihr fallen, bin mit mir und dem Motiv alleine, auf den guten Geist hoffend, dass das Ergebnis mich befriedigt; wenn auch meist nur für kurze Zeit”. Und das Ergebnis war für mich mehr als nur befriedigend. Der Besuch im Atelier des Künstlers in einer kleinen oberösterreichischen Gemeinde in der Nähe von Enns hatte sich gelohnt. Dicht nebeneinander an die Wand gelehnt, auf der Staffelei und soweit möglich – geordnet in Regalen, überraschte mich im ersten Augenblick die Vielzahl der Bilder. Sie zeigen vom ungeheuren Fleiß und der Ernsthaftigkeit, ja Besessenheit einer Künstlerpersönlichkeit, der das Talent sichtbar in die Wiege gelegt worden war – vorerst aber nicht die Möglichkeit, es zu nützen. Geboren 1961 in Steyr, Oberösterreich, erlernte Harald Birklhuber in der VOEST das Handwerk eines Betriebsschlossers. Mehr als sechzehn Jahre ist er dort tätig. Durch intensives Zeichnen und den Besuch der Abendschule “eskaliert” 1992 seine eigentliche Liebe, die Malerei. Als Spätberufener wechselt er an die Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz, die er 1997 mit dem Diplom der Meisterklasse für Malerei und Grafik abschließt. In seiner Diplomarbeit Pipelines, Kränen, fremdartigen Maschinen und Schotterhalden ein einfühlsames Denkmal von hohem künstlerischen und mitunter historischen Wert. Im Regal abgesondert, geben einige wenige Bilder noch Zeugnis dieser seiner Vergangenheit. Ihnen stand ein Heute gegenüber, das mich noch mehr erstaunte … Seine Bilder eröffnen eine Tiefe und Klarheit, eine geistige Reife, die meist nur im Spätwerk von Künstlern zu Tage tritt. Es sind exzellente Landschaften und Stillleben. Es ist das Hügelland seiner Heimat, geprägt von Feldern und Wiesen. Umsäumt werden sie von Grünstreifen mit dichtem Unterholz – den Windgürteln. Sie gewähren reizvolle Aus- und Einblicke. Wogende Sonnenblumen – hier noch in voller Blüte – dann kurz vor der Ernte, sind mit großzügigen und dynamischen Strichen festgehalten. Ein breiter und kraftvoller Pinsel zeichnet seine Bilder aus. Selbstbewusstsein und der Mut, nicht unbedingt “der Kunst wegen etwas neu erfinden zu müssen”, haben ihn zu einer eigenständigen Handschrift geführt. Im gekonnten Miteinbeziehen des Untergrundes, der zum Teil durchscheint, und der Ausnützung der Komplementäreffekte gelingt es ihm meisterhaft seine Farbpalette zu einem harmonischen Ganzen mit großer Ausdruckskraft zu steigern. Mohnblumen leuchten auf. Edelsteinen gleich im Bett der Wiesenhänge ziehen sie am Auge vorbei. Ich spüre leichten Wind im Herbstbild durch Geäst streichen und nahen Winter kunden. Einen Winter, den der Künstler in einem weiteren Bild in feinsten Farben festhält. Der Mensch, der sich im verschneiten Haus zurückgezogen hat, ist, obwohl nicht sichtbar, gegenwärtig. Aber ich entdecke auch südliche Impressionen. Eine schmale Gasse. Blaue Schatten an Hauswänden. Wäsche hängt träge an Leinensträngen. Da und dort ein Leuchten, ein wärmendes Aufblitzen der Sonne. Erinnerungen. Birklhuber liebt das Alltägliche, das zumeist Unscheinbare, an dem man oft achtlos vorübergeht. Mit seiner Malerei verleiht er ihm Bedeutung, hebt es über das Alltägliche hinaus. “Für mich ist es nicht wichtig, was ich male”, holte mich der Künstler aus meinen Gedanken zurück, “sondern wie ich es male. Selbst banale Themen kann man so umsetzen, dass ein Kunstwerk daraus wird. Ich möchte sichtbar machen – Gefühle, Eindrücke, Stimmungen …einfach das, was nur im Bild erreichbar ist.”